Eine besondere Begegnung am Holzkirchle
Es war ein milder Herbsttag im Wald von Müdesheim, als das Reh Renate sich entschloss, wieder einmal das Holzkirchle zu besuchen. Die Blätter färbten sich langsam in warmen Rot- und Goldtönen, und die Luft war erfüllt von einem erdigen Duft.
Renate liebte diese Jahreszeit, wenn der Wald in Farben explodierte und die Natur sich auf den Winter vorbereitete.
„Ich werde den Hang hinaufgehen und ein wenig Ruhe genießen“, dachte sie bei sich, während sie den vertrauten Pfad hinaufstieg. Als sie die Kapelle fast erreicht hatte, hörte sie plötzlich ein Rascheln im Unterholz. Renate blieb stehen und lauschte. Es dauerte nicht lange, bis ein vertrautes Gesicht aus dem Gebüsch auftauchte – das Eichhörnchen Elfi.
„Renate! Was für ein Zufall, dich hier zu treffen!“ rief Elfi erfreut aus, während sie flink auf Renate zuhüpfte.
Renate lächelte. „Hallo, Elfi! Bist du auch auf dem Weg zum Holzkirchle?“
„Ja, ich wollte noch ein paar Nüsse in der Nähe verstecken, bevor der Winter kommt“, erklärte Elfi. „Und du?“
„Ich wollte einfach ein wenig Zeit in der Stille verbringen. Der Herbst ist so schön hier oben.“
Gemeinsam setzten sie ihren Weg fort, als plötzlich ein tiefes Grunzen die Luft erfüllte. Beide drehten sich um und sahen Waldemar, das große Wildschwein, der gerade mit lautem Getrappel den Hang hinaufkam.
„Ihr beiden seid ja schwer zu überhören“, grunzte Waldemar mit einem schelmischen Lächeln, als er die beiden erreichte. „Was führt euch hierher?“
„Wir wollten das Holzkirchle besuchen und die Ruhe genießen“, erklärte Renate. „Und du, Waldemar?“
„Ich habe gehört, dass es hier eine Menge Kastanien gibt, und da dachte ich mir, ich schaue mal vorbei“, antwortete Waldemar. „Außerdem ist es immer schön, Freunde zu treffen.“
Die drei setzten ihren Weg fort und erreichten schließlich das Holzkirchle. Die kleine Kapelle stand ruhig und erhaben da, umgeben von den farbenfrohen Bäumen des Herbstes. Elfi sprang sofort auf einen nahegelegenen Ast, während Waldemar sich auf den Boden legte und zufrieden schnaufte.
Renate blickte zur Kapelle und seufzte leise. „Ich komme oft hierher, weil dieser Ort mich an all die schönen Momente erinnert, die ich hier erlebt habe. Es ist, als ob die Zeit hier stillsteht.“
„Das stimmt“, sagte Waldemar, der sich gemütlich im Laub wälzte. „Aber es ist auch ein Ort, an dem man neue Erinnerungen schaffen kann, wie heute, mit uns dreien.“
Elfi nickte zustimmend. „Manchmal verstecken wir uns so sehr in der Vergangenheit, dass wir vergessen, dass jeder Tag eine neue Gelegenheit bietet, etwas Besonderes zu erleben.“
Renate lächelte. „Ihr habt recht. Dieser Ort ist nicht nur ein Ort der Erinnerung, sondern auch einer, an dem neue Geschichten geschrieben werden.“
Sie saßen noch eine Weile schweigend beieinander, genossen die Ruhe und das sanfte Läuten der Glocken in der Ferne. Es war, als ob die Welt um sie herum für einen Moment stillstand, und sie sich ganz auf den Augenblick konzentrieren konnten.
„Lasst uns öfter hierherkommen“, sagte Renate schließlich. „Nicht nur, um uns zu erinnern, sondern auch, um gemeinsam neue Erinnerungen zu schaffen.“
Waldemar und Elfi stimmten freudig zu. Und so machten sie sich auf den Rückweg, fest entschlossen, diesen besonderen Ort in ihrem Herzen zu tragen und immer wieder aufs Neue zu besuchen, um die Schönheit des Augenblicks zu feiern und ihre Freundschaft zu pflegen.